MRFH | Marburger Repertorium zur Übersetzungsliteratur im deutschen Frühhumanismus |
Kartäuserkloster Güterstein
Das 1254 von den Grafen von Urach auf dem Güterstein gegründete Zisterzienserkloster war im Spätmittelalter an das Benediktinerkloster Zwiefalten gekommen. 1439 verzichtete Zwiefalten jedoch auf Druck der Grafen von Württemberg auf sein Priorat und stimmte der Umwandlung in ein Kartäuserkloster zu. Ulrich und Ludwig I. von Württemberg nahmen darauf hin das neue Kloster in ihren Schutz und verliehen ihm eine Reihe von Privilegien. Als nach der Teilung Württembergs 1442 Ludwig I. Urach zu seiner Residenz machte, "begann die Glanzzeit der Kartause" (Württemberg im Spätmittelalter Nr. 53). Unmittelbar nachdem der Hof Ludwigs und seiner Gemahlin Mechthild von der Pfalz in Urach Einzug gehalten hatte, wurde Güterstein zur Grablege bestimmt und mit dem Ausbau der Familiengruft begonnen. Die Kartause mit dem Erbbegräbnis zu betrauen, könnte vielleicht durch das Beispiel der burgundischen Herzöge, mit denen die Grafen eng verwandt waren, angeregt worden sein, die "ihre Grablege ebenfalls in einer Kartause (Champmol bei Dijon) besaßen" (ebd.). Mit den reichen Zuwendungen der Uracher Linie erlebte die Kartause einen raschen wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung. Vor allem Mechthild und ihr Sohn Eberhard im Barte haben die Kartause reich bedacht und ihren Ausbau gefördert. So schenkte Mechthild dem Kloster 1467 unser hailtum, eine überaus kostbare Stiftung von Reliquien und Andachtsbildern, wobei der Konvent künftig an ihrem Jahrtag auch die Schenkungsurkunde verlesen sollte (vgl. ebd. Nr. 135). Unter den ersten Prioren der Kartause, die zunächst von Johannisberger Mönchen aus der Nähe Freiburgs besiedelt wurden, ist besonders Konrad von Münchingen (1445-1478) hervorzuheben, in dessen Amtszeit ein Großteil der Gütersteiner Handschriften (wie z.B. das ‚Gütersteiner Gesprächsbüchlein’) entstanden bzw. erworben wurden. Hierüber informiert ein Bücherverzeichnis der Kartause Güterstein, das den erworbenen Buchbesitz von 1450 bis 1476 samt "der Schenker, die Bücher nach Güterstein gegeben haben" (ebd. Nr. 162) verzeichnet. Diese Stifter sind ebenfalls im Gütersteiner Nekrolog (ebd. Nr. 132) mit ihren jeweiligen Bücherschenkungen festgehalten, so dass an ihrem Jahrtag jeweils auch ihrer Spenden gedacht werden konnte. Auf eine größere Bücherschenkung könnte ebenfalls der Sammelband (Stuttgart, Landesbibl., Cod. poet. et phil. 2° 92) hindeuten, der gegen 1490 in der Kartause gebunden wurde. Der Band enthält handschriftlich das 'elsässische Trojabuch' von 1467 und eine Abschrift des 'Ehebüchlein' Albrechts von Eyb; darüber hinaus noch zwei beigebundene Inkunabeln. Ein weiterer Druck mit Thürings 'Melusine' von 1482 war ursprünglich ebenfalls Teil dieses Sammelbandes. Ob all diese Bücher möglicherweise aus dem Besitz Eberhards im Barte stammen, der häufiger Bücher an eines der ihm nahestehenden Klöster verschenkte, ist bislang nicht geklärt. Von Güterstein gelangte der Band nach der Aufhebung der Kartause an das Domikanerinnenkloster Offenhausen (ebd. Nr. 170). Mit der Verlegung der Residenz nach Stuttgart (1483) in der Regierungszeit Eberhards, der sich später auch nicht mehr in Güterstein beerdigen ließ, trat eine spürbarere Verschlechterung für das Kloster ein. Die Auflösung der Kartause erfolgte rasch. Mit der Reformation wurden 1535 die Mönche vertrieben, die teilweise Aufnahme in Buxheim fanden. Verf.: bjk / cbk. Besitzer von Handschriften: Literatur:Deigendesch, R.: Die Kartause Güterstein. Geschichte, geistiges Leben und personales Umfeld (Schriften zur südwestdeutschen Landeskunde 39). Leinfelden-Echterdingen 2001. Deigendesch, R.: Graf Eberhard im Bart und die Literatur: Bücher, Schreiber und Leser am Uracher Hof des 15. Jahrhunderts. In: Schwabenspiegel 2003, S. 117-134. Deigendesch, R.: Güterstein. In: Zimmermann, W. / Priesching, N. (Hgg.): Württembergisches Klosterbuch. Ostfildern 2003, S. 253f. Eberl, I.: Mechthilde von der Pfalz. In: Lexikon des Mittelalters Bd. 6 (1993), Sp. 438. Württemberg im Spätmittelalter. Katalog bearb. von J. Fischer, P. Amelung u. W. Irtenkauf, Stuttgart 1985, insb. Nr. 53, 132, 135, 162 u. 170. Maurer, H.-M. (Hg.): Eberhard und Mechthild. Untersuchungen zu Politik und Kultur im ausgehenden Mittelalter (Lebendige Vergangenheit 17). Stuttgart 1994. Sexauer, W. D.: Frühneuhochdeutsche Schriften in Kartäuserbibliotheken. Untersuchungen zur Pflege der volkssprachlichen Literatur in Kartäuserklöstern des oberdeutschen Raums bis zum Einsetzen der Reformation (Europäische Hochschulschriften. Reihe I: Deutsche Literatur und Germanistik 247). Frankfurt am Main u. a. 1978, S. 61-64 und 150. |