MR Übersetzungsliteratur
im dt. Frühhumanismus
MRFH | Marburger Repertorium zur Übersetzungsliteratur im deutschen Frühhumanismus |
Peter Volckamer d. J.
Peter Volckamer der Jüngere, der sich nach der älteren Familientradition auch Volkmair oder Volkemeyr nennt, gehörte einer wohlhabenden Nürnberger Patrizierfamilie an. Nach dem Tod seines Vaters Berthold belehnt ihn Kaiser Friedrich III. 1453 mit dem reichslehnbaren Hof zu Zirndorf. 1464 verleiht ihm der Kaiser weitere Güter in der Umgebung Nürnbergs. Derselbe Peter Volkamer d. J. stiftet nach 1480 ein Glasfenster in der St. Lorenz-Kirche in Nürnberg, das sein Wappen (halbes Rad/Lilie) trägt. Das Fenster wurde bei dem in Straßburg ansässigen Peter Hemmel von Andlau, einem der bedeutendsten Glasmaler des 15. Jahrhunderts, in Auftrag gegeben. Von 1471 bis 1483 trat Peter Volckamer d. J. in den Dienst des Markgrafen Albrecht von Brandenburg (1440-1486), dem Enea Silvio Piccolomini den Beinamen "Achilles" verliehen hatte. Hier bekleidete der Nürnberger hohe Ämter, u.a. das Amt des markgräflichen Landschreibers. Am Hof des Markgrafen Albrecht, einem engen Vertrauten Friedrichs III., kannte man offenbar schon früh die berühmte Liebesnovelle 'De duobus amantibus', die Enea Silvio noch als kaiserlicher Sekretär in Wien geschrieben hatte. Gemäß dem Explizit in der Erlanger Handschrift (UB, Ms B 10) ließ sich Peter Volckhamer d. J. am markgräflichen Hof 1471 einen Sammelband anfertigen, der neben der 'Grisardis' des Erhart Grosz und einer Spruchsammlung auch Thürings 'Melusine' und die deutsche Übersetzung von 'Eurialus und Lukretia' enthält, die Niklas von Wyle am 1. März 1462 vollendet hatte: Geschribenn und geenndet von mir Hanns Münchenn [Hans Münch] nam nechsten donerstag vor Michaelis [26. September] im 1471 jare. Diczs puchlein ist Peter Volkemeyrß deß jüngern. Die zeitt lanntschreyber meinß gnedigenn herrenn marggrauenn Albrechts (Bl. 131v). Die Vermittlung von Wyles 1. Translatze an den Hof des Markgrafen Albrecht könnte über den kaiserlichen Hof in Wien, an dem Niklas von Wyle mehrere Monate im Auftrag Katharinas von Baden weilte, oder den markgräflichen Hof in Baden erfolgt sein, mit dem Albrecht politisch wie verwandschaftlich eng verbunden war. In erster Ehe war er mit Margarethe von Baden (gest. 1457) vermählt, einer Schwester Karls I. von Baden, der als früher Widmungsadressat Wyles ebenso in Erscheinung tritt wie seine Gemahlin Katharina, der Wyle in den ältesten Textzeugen seine erste Translatze widmete. Auch die 'Melusine', die Thüring von Ringoltingen 1456 an den Markgrafen Rudolf IV. von Hachberg-Röteln, den gevettern Karls von Baden adressierte, dürfte am badischen Hof schon früh bekannt gewesen sein. Verf.: cbk. Besitzer von Handschriften: Literatur:Backes, M.: Fremde Historien. Untersuchungen zur Überlieferungs- und Rezeptionsgeschichte französischer Erzählstoffe im deutschen Spätmittelalter (Hermaea NF 103). Tübingen 2004, S. 109f. Fleischmann, P.: Rat und Patriziat in Nürnberg. Die Herrschaft der Ratsgeschlechter vom 13. bis zum 18. Jahrhundert. 3 Bde. (Nürnberger Forschungen 31). Neustadt a. d. Aisch 2007, insb. S. 1049-1051. Funk, V. : Glasfensterkunst in St. Lorenz. Michael Wolgemut, Peter Hemmel von Andlau, Hans Baldung Grien, Albrecht Dürer. Nürnberg 1995. Morrall, E. J.: Aeneas Silvius Piccolomini (Pius II) and Niklas von Wyle. The tale of two lovers Eurialus and Lucretia. Edited with introduction, notes and glossary (Amsterdamer Publikationen zur Sprache und Literatur 77). Amsterdam 1988, S. 43. Nürnberger Stadtarchiv. Reichsstadt Nürnberg. Heilig-Geist-Spital Urkunden (1314-1792), Nr. 459 (online). Rübsamen, D. (Bearb.): Regesten Kaiser Friedrichs III. (1440-1493). Nach Archiven und Bibliotheken geordnet. H. -19: Die Urkunden und Briefe aus Archiven und Bibliotheken der Stadt Nürnberg. Teil 2: 1450-1455. Wien u.a. 2004, Nr. Regg. F. III. H. 19 n. 350 (online), Nr. Regg. F. III. H. 19 n. 350 (online). Schleif, C.: Donatio et memoria. Stifter, Stiftungen und Motivationen an Beispielen aus der Lorenzkirche in Nürnberg (Kunstwissenschaftliche Studien 58). München 1990. Stolz, G.: St. Lorenz zu Nürnberg (Große Baudenkmäler 316). München 1992. Viebig, J.: Die Lorenzkirche in Nürnberg. 3. verb. Aufl. Königstein im Taunus 1990, S. 69ff. | Wappen der Nürnberger Patrizierfamilie Volckamer (1605); Volckamerfenster (Ausschnitt) der Lorenzkirche in Nürnberg. Gestiftet von Peter Volckamer (nach 1480); Quelle: http://www.lorenzkirche. citykirche-magazin.de (online), [Zugriff: 07.06.10; 9:35 Uhr]. |