MR Übersetzungsliteratur
im dt. Frühhumanismus

MRFHMarburger Repertorium zur
Übersetzungsliteratur im deutschen Frühhumanismus

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Felicitas von Selmenitz

In das heutige Exemplar der Marienbibliothek (Halle) des Nürnberger Erstdrucks der 'Schedelschen Weltchronik' in der Übersetzung Georg Alts trug sich als zweite Besitzerin Felicitas von Selmenitz (1488-1558) im vorderen Spiegel mit farbig eingemaltem Wappen und folgender Inschrift ein: Nicht die schonen Wappen, ader alten geburt vnd geschlechter, sunder eyn tugentlich lebenn vnd lobeliche that machen eyn man edell. F v Selmenitz. Neben den Franziskanerinnen aus Mariagarten in Memmingen ist Felicitas von Selmenitz bislang die einzige Frau, die sich als Besitzerin eines Exemplars der 'Schedelschen Weltchronik' im 15. und 16. Jahhrundert nachweisen lässt.

Felicitas von Münch wurde 1488 in der Nähe von Dornburg (Saale) geboren. Sie heiratete 1507 Wolf von Selmenitz, dessen Familie zu einem heute ausgestorbenen Adelsgeschlecht aus der Grafschaft Meißen gehörte. Bereits mit 31 Jahren wurde sie Witwe, da ihr Mann im Zuge einer Fehde ermordet wurde. Von ihren sieben Kindern überlebte nur ihr Sohn Georg, von dem sie später das Lesen erlernte und der das Exemplar der 'Weltchronik' neu binden und nach dem Tod seiner Mutter 1558 in die eigene Bibliothek überführen sollte.

Bekannt wurde Felicitas vor allem aufgrund ihrer engen Beziehungen zu Martin Luther und anderen Reformatoren. Sie war eine der frühesten Anhängerinnen der Reformation in Halle, wo sie den Großteil ihres Lebens verbrachte. 1527 hatte sie das erste Mal Wittenberg besucht, wo sie Luther persönlich kennen gelernt hatte und seitdem in engem Briefkontakt zu ihm stand. Ein Exemplar seiner Bibelübersetzung aus dem Jahre 1534 verehrte er ihr mit der folgenden Widmung: Der Erbaren tugendsamen frauen Felicitas von Selmenitz meiner lieben Gevattern Martin Luther d. d. Auch schenkte der Reformator ihr und ihrem Sohn Georg weitere seiner Schriften und versah diese mit Widmungen. Neben einer Ausgabe der 'Schedelschen Weltchronik' besaß Felicitas ausschließlich theologische Werke. Viele Bücher aus ihrem Besitz weisen deutliche Lesespuren auf und sind Indiz für das Interesse und Studium der Witwe, die neben ihren Initialen F V S auch manchmal ihren Wahlspruch Christvs ist allein vnser Seligkeit eintragen ließ.

Nach ihrem Tod gingen ihre Bücher in den Besitz ihres Sohnes über, der damit die eigene, nicht unbeachtliche Sammlung erweitern sollte. Heute befindet sich das 362 Bände umfassende Büchervermächtnis des Georg von Selmenitz in der Marienbibliothek in Halle.

Verf.: bjk.

Besitzer von Drucken:

Literatur:

Bagenski, R. von: Geschichte der Familie von Selmnitz. Ergänzt u. hrsg. von S. von Schultze-Gallera. Halle 1914.
Green, J.: Marginalien und Leserforschung — Zur Rezeption der 'Schedelschen Welchronik', in: Archiv für Geschichte des Buchwesens 60 (2006), S. 184-261, hier S. 196.
Hofmann, M: Förderin der Reformation. Frauen des Mittelalters: Felicitas von Selmenitz. In: Mitteldeutsche Kirchenzeitungen 9 (2011).
Juntke, F.: Die Inkunabeln der Marienbibliothek zu Halle an der Saale. Geschichte und Katalog (Beiträge zur Inkunabelkunde Dritte Folge 5). Berlin 1974, S. 100.
Juntke, F.: Die Marienbibliothek in Halle an der Saale im 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts. In: Archiv für Geschichte des Buchwesen 10 (1970), Sp. 397-460, hier Sp. 419-422.
Koch, E.: Felicitas von Selmnitz — eine unangepasste Witwe. In: Freybe, P. (Hg.): Frauen fo(e)rdern Reformation (Wittenberger Sonntagsvorlesungen). Wittenberg 2004, S. 128-143.

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Wappen der Familie Selmenitz. Quelle: Hofmann, M: Förderin der Reformation. Frauen des Mittelalters: Felicitas von Selmenitz. In: Mitteldeutsche Kirchenzeitungen 9 (2011).

Version vom 24. 05. 2013 (MRFH). Permanent Link: mrfh.de/0510.