MR Übersetzungsliteratur
im dt. Frühhumanismus

MRFHMarburger Repertorium zur
Übersetzungsliteratur im deutschen Frühhumanismus

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Verzeichnis: [ Übersetzer ] [ Bernhard Schöfferlin ]

 

Bernhard Schöfferlin

Zeittafel

  • 1436/38 geboren;

  • 1454 Immatrikulation in Heidelberg;

  • 1456 Bacc. in artibus viae modernae;

  • 1461 Magister artium;

  • 31.3.1468 Promotion iur. civ.;

  • 1472 Rat Eberhards im Barte;

  • 1478-82 Kanzler am Hofe Mechthilds von der Pfalz;

  • 1485 am württembergischen Hofgericht;

  • 1495 am Reichskammergericht;

  • 1500 Richter des Schwäbischen Bundes;

  • 1501 gestorben

Leben und Werk

Bernhard Schöfferlin wurde ca. 1436/38 in Esslingen geboren. Er entstammt einem dortigen Patriziergeschlecht und war vermutlich ein Schüler des Niklas von Wyle. Schöfferlin immatrikulierte sich 1454 in Heidelberg, wo er 1456 das Bakkalaureat ablegte. Den Magister artium erwarb er 1461, möglicherweise schon in Italien (Padua?), wo er sein Studium in Jura fortsetzte. Am 31. März 1468 wurde er in Ferrara zum Doktor. iur. civ. promoviert.

Schon 1464 war er zusammen mit dem jungen Grafen Heinrich von Württemberg in Pavia, 1466 wurde er dessen Kanzler. Nach der Promotion begleitete er Heinrich nach Italien und Frankreich. Seit 1472 war Schöfferlin Rat Eberhards im Barte, von 1478 bis 1482 zeitweilig Kanzler bei Eberhards Mutter, der Pfalzgräfin und Erzherzogin Mechthild. An ihrem Hof in Rottemburg dürfte er auch ihren geistlichen Rat Antonius Pforr kennengelernt haben (vgl. Röll [1992], Sp. 811). 1488 wurde er von Graf Eberhard im Barte zum Rat auf Lebenszeit bestellt und erhielt mit 200 fl. jährlich ein sehr hohes Gehalt. Er war neben Johannes Reuchlin mehrfach am Württembergischen Hofgericht tätig, 1495 auf Vorschlag Eberhards württembergischer Beisitzer am neu eingerichteten Reichskammergericht. Schließlich wurde er 1500 als Vertreter der Städte einer der drei Richter am Bundesgericht des Schwäbischen Bundes.

Erhalten haben sich ein lat. Brief des Niklas von Wyle an Schöfferlin vom 27. Dez. 1464 (Innsbruck, UB, cod. 760, 107r u. 111v) und ein Brief Schöfferlins an Reuchlin vom 26. Febr. 1496 (Nr. 81).

Im Umkreis des württembergischen Hofes, vermutlich für Eberhard im Barte, hat Schöfferlin eine Darstellung der römischen Geschichte in deutscher Sprache konzipiert. Er verarbeitete, wie er im Vorwort mitteilt, zahlreiche antike Vorlagen: vß allen bewerten buochern durch die latinischen vnnd kriechischen beschribÄ“ / sameln / das mir fuoglich ist . Als Hauptquelle diente ihm Titus Livius, den auszugsweise auch Gottfried übersetzte. Als Schöfferlin 1501 starb, war seine 'Römische Historie' noch nicht vollendet, sondern brach im zweiten Punischen Krieg ab. Ivo Wittich, den Schöfferlin vermutlich seit 1495 als Kollegen am Reichskammergericht kannte, entschloss sich, die Darstellung zur römischen Geschichte fortzuführen. Er hatte bereits 1487 zusammen mit dem italienischen Humanisten Frediano Pighinucci die Livius-Epitome des Florus (GW 10099) drucken lassen und brachte so die besten Voraussetzungen für dieses Unternehmen mit. Während sich Schöfferlin in seiner Darstellung noch auf eine Reihe von antiken Quellen stützte, bietet Wittich als Fortsetzung (3. Teil) eine Übersetzung der vierten Dekade des Livius: "Die nach humanistischem Textbegriff auf exakte Wiedergabe der Vorlage bedachte Übersetzung fiel mit 219 Foliobll. dabei noch umfangreicher als Schöfferlins Torso (191 Bll.) aus" (Worstbrock, Sp. 1291). Wittich wurde auch der Herausgeber des Gesamtwerks, das 1505 mit einem Widmungsbrief an Kaiser Maximilian I. erstmals in Mainz unter dem Titel Romische Historie vß Tito liuio gezogen in Druck ging.

Das Werk war sehr erfolgreich: 14 Drucke von 1505-1563 aus Mainz und Straßburg, wobei weitere Bücher des Livius in deutscher Übersetzung seit 1523 und 1533 angefügt wurden. Es folgten weitere, allerdings im ersten Teil revidierte Auflagen bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts. Schöfferlins 'Historie', die nachhaltig das Rombild der frühen Neuzeit geprägt hat, bemühte sich um ein neues, vom Humanismus inspiriertes Geschichtsdenken. Literarisch verarbeitet wurde die Darstellung im 16. Jahrhundert u.a. in den Werken des Hans Sachs und Jakob Ayrer.

Verf.: cbk.

Literatur:

Dall'Asta, M. / Dörner, G. unter Mitwirkung von S. Rhein (Hgg.): Johannes Reuchlin Briefwechsel, Bd. I. 1477-1505. Stuttgart-Bad Cannstatt 1999, insb. Nr. 81 (29. Febr. 1496).
Goerlitz, U.: Rezension zu Winter 1999. In: Beiträge zur Geschichte der deutschen Sprache und Literatur 125 (2003), S. 185—188.
Ludwig, W.: Römische Historie im deutschen Humanismus. Über einen verkannten Mainzer Druck von 1505 und den angeblich ersten deutschen Geschichtsprofessor (Berichte aus den Sitzungen der Joachim-Jungius-Gesellschaft der Wissenschaften e.V., Hamburg 5/1). Göttingen 1987.
Röll, W.: Die Mainzer Offizin Schöffer und die Drucklegung der 'Römischen Historie'. In: Gutenberg-Jahrbuch 65 (1990), S. 89-117.
Röll, W.: Bernhard Schöfferlin. In: 2VL 8 (1992), Sp. 810-814.
Winter, C.: Humanistische Historiographie in der Volkssprache. Bernhard Schöfferlins ‚Römische Historie’ (Arbeiten und Editionen zur mittleren deutschen Literatur NF 6). Stuttgart-Bad Cannstatt 1999.
Worstbrock, F. J.: Ivo Wittich. In: 2VL 10 (1999) Sp. 1290-1292.
Zapf, V.: Bernhard Schöfferlin. In: Deutsches Literatur-Lexikon. Das Mittelalter — Autoren und Werke nach Themenkreisen und Gattungen. Hg. v. Wolfgang Achnitz. Bd. 3: Reiseberichte und Geschichtsdichtung. Berlin/Boston 2012, Sp. 1170-1173.

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Quelle: München, BSB, Rar. 2086. Schöfferlins Römische Historie (Teil I-II), Mainz: Johann Schöffer, 6. März 1505, Bl. 1a.

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Quelle: München, BSB, Rar. 2086. Schöfferlins Römische Historie (Teil I-II), Mainz: Johann Schöffer, 6. März 1505, Bl. 2a.

Version vom 26. 02. 2013 (MRFH). Permanent Link: mrfh.de/0029.