MRFH | Marburger Repertorium zur Übersetzungsliteratur im deutschen Frühhumanismus |
Philipp von Seldeneck
Philipp von Seldeneck (geb. 1440/42) entstammt dem ostfränkischen Adel. Schon früh verließ er seine Heimat, um in kurpfälzische Dienste zu treten. Als militärischer Gefolgsmann Friedrichs des Siegreichen bewährte er sich hervorragend und wurde 1460 mit Schloss Stolzeneck am Neckar belehnt. Nach seiner Teilnahme an der Schlacht von Seckenheim (30.06.1462), bekam er von Friedrich am 25. Juni 1465 das Ehrenamt eines 'Erbküchenmeisters des Heiligen römischen Reiches' verliehen. Als reich begüterter Mann verstarb er im hohen Alter 1534 in Franken. Sein Grab befindet sich in der Dominikanerkirche von Rothenburg ob der Tauber. Im Besitz Philipps von Seldeneck befand sich das 'Kriegsbuch' (Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, Cod. Durlach 18), wovon er selbst vier der acht enthaltenen Traktate verfasste. Hierbei handelt es sich um, den 'Eid der Kriegsknechte' (B. 91v-93v), die 'Kriegsordnung der Fußtruppen' (Bl. 94-96), die 'Feldbestellung der Reiterei' (Bl. 101r-111r) und die 'Ordnung für große Heere und Schlachten' (Bl. 111v-116r). Die beiden letztgenannten Teile, abgefasst in Form von Lehrbriefen, waren für seinen dritten Sohn Friedrich von Seldeneck (vor 1474-nach 1532) bestimmt. Außerdem enthält der Sammelband auch eine Abschrift von Ludwig Hohenwangs deutscher Fassung der 'Epitoma rei militaris' (Bl. 1r-77r), die Graf Johann von Lupfen gewidmet ist. Nachweislich wurde das Kriegsbuch von vier Schreibern kopiert. Philipps Traktate lassen sich seinem ältesten Sohn Hans von Seldeneck (vor 1473-1552) zuordnen, der in einer Bemerkung (Bl. 114v) auch erwähnt wird (vgl. Neubauer, S. 17f.). Insgesamt vermittelt das 'Kriegsbuch' Philipps von Seldeneck ein sehr realistisches Bild vom Kriegswesen des 15. Jahrhunderts verbunden mit dessen theoretischer Aufarbeitung. Damit geht sein Werk über alle vorherigen Schriften dieser Art weit hinaus und zeigt erste Ansätze zu einer Militärtheorie in der Epoche des ausgehenden Mittelalters. Verf.: sl. Besitzer von Handschriften: Literatur:Jähns, M.: Geschichte der Kriegswissenschaften vornehmlich in Deutschland. Erste Abteilung: Altertum, Mittelalter, XV. und XVI. Jahrhundert (Geschichte der Wissenschaften in Deutschland. Neuere Zeit 21). München u.a. 1889, S. 244ff. u. 323ff. Keil, G. / Schmidtchen, V.: Philipp von Seldeneck. In: 2VL 7 (1989), Sp. 611-614. Leng, R.: Ars belli. Deutsche taktische und kriegstechnische Bilderhandschriften und Traktate im 15. und 16. Jahrhundert. Band 1: Entstehung und Entwicklung (Imagines Medii Aevi. Interdisziplinäre Beiträge zur Mittelalterforschung 12,1). Wiesbaden 2002, S. 295. Müller, R.: Philipp von Seldeneck. In: Rupp, H. / Lang, C. L. (Hgg.): Deutsches Literatur-Lexikon. Biographisch-Bibliographisches Handbuch, Bd. 11. Bern u.a. 31988, Sp. 1247f. NEUBAUER, K.: Das Kriegsbuch des Philipp von Seldeneck vom Ausgang des 15. Jahrhunderts. Untersuchung und kritische Herausgabe des Textes der Karlsruher Handschrift. Diss. Heidelberg 1963, S. 17f. | Quelle: Becher, C./Gamber, O. (Hgg.): Die Wappenbücher Herzog Albrechts VI. von Österreich: Ingeram-Codex d. ehem. Bibliothek Cotta, Wien u.a. 1986, S. 152. |