MR Übersetzungsliteratur
im dt. Frühhumanismus

MRFHMarburger Repertorium zur
Übersetzungsliteratur im deutschen Frühhumanismus

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    Jörg Rott

    Leben

    Jörg Rott (Georg Seidensticker) ist in den Diensten Mechthilds von der Pfalz urkundlich erstmals am 5. Okt. 1457 bezeugt, als er "zusammen mit anderen Vertrauten Mechthilds das Recht der Stadt Haigerloch aufzeichnte" (Maurer, S. 150). Neben solchen Kanzleiaufgaben übte er am Hof in Rottenburg vor allem das wichtige Amt des Kämmerers aus, wofür die Pfalzgräfin und Erzherzogin von Österreich am 28. Sept. 1458 (HStA A 486 U 116) an unsern silberkamerern und lieben getrúwen Georien Rotte sydensticker ein jährliches Leibgeding verschreibt, das ihr Sohn, Eberhard im Barte, 1468 (HStA A 486 U 116) bestätigt. Ob Georg Rott mit dem Seidensticker identisch ist, der Graf Eberhard in demselben Jahr auf seine Pilgerreise ins Heilige Land begleitete, muß allerdings offenbleiben (ebd.). 1478 ist Jörg Rott mit Sicherheit noch in den Diensten Mechthilds, denn laut jüngeren Einträgen im Hofrechnungsbuch erhält maister Jörigen Rott von der Pfalzgräfin XXXII guldin und ein hofklaid (Martin, Beilage II,7). In ihrem Testament vom 1. Oktober 1481 hat Mechthild ihren Kämmerer ebenfalls bedacht. So werden die Kartäuser angewiesen nach unnserm tod unnserm kamerer, sydensticker und getrewen Jorigen Raut geben dryßig und zwen guldin rynisch zů ierlichem libgeding (Maurer, S. 131).

    DEm ersamen vnd wysen maister Jergen widmet Niklas von Wyle seine 7. Translatze: 'Die athenischen Räte'. Zusammen mit seiner 8. Translatze, die er im Auftrag Mechthilds übersetzt hatte (des die durlüchtig fürstin [...] von mir begert hat, Transl. S. 146) übersendet er sie an Jörg Rott mit der Bitte, das gewünschte Werk an die Pfalzgräfin weiterzuleiten. Schon am Eingang der 3. Translatze, einer Übersetzung von Enea Silivio Piccolominis 'De remedio amoris', trat der Kämmerer Jörg Rott als Vermittler zwischen Wyle und der Pfalzgräfin auf. So schreibt Wyle im September 1461 in seinem Widmungsbrief an Mechthild: Vnd als üwer fürstlich gnad [...] yetz durch üwer gnaden Camrer, maister jörgen rat, an mich begert hat ob ich ützit loblichs oder kurtzwyligs von dem latine zů tütsch gebrácht hett oder noch bringen wurd (Transl. S. 92). Als Esslinger Stadtschreiber und späterer Kanzler am Württembergischen Hof war Wyle mit vielen Räten und Kanzleibeamten in Süddeutschland bekannt und nutzte — wie hier zum Rottenburger Hof — derartige Verbindungen zu fürstlichen Auftraggebern.

    Darüber hinaus scheinen die Beziehungen zu Mechthilds Hof in Rottenburg aber besonders eng gewesen zu sein, da Wyles Tochter an ihrem Hof erzogen wurde. Sie heiratet offenbar später Mechthilds Kämmerer Jörg Rott, denn in der Vorrede der Gesamttranslationen (S. 11) erwähnt Wyle ihn im Kontext seiner Familie in unmittelbarem Zusammenhang mit seiner Tochter Dorothea, so dass auf eine eheliche Verbindung der beiden geschlossen werden kann (vgl. Bodemann S. 259; Schwenk S. 158).

    Verf.: cbk / dk.

    Literatur:

    Backes, M.: Das literarische Leben am kurpfälzischen Hof zu Heidelberg im 15. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Gönnerforschung des Spätmittelalters. Tübingen 1992, S. 187f.
    Bodemann, U.: Niklas (Nicolaus) von Wyle (Wile, Weil). In: NDB 19 (1999), S. 259.
    Martin, E.: Erzherzogin Mechthild, Gemahlin Albrechts von Österreich. Versuch einer Lebensgeschichte. In: Zeitschrift der Gesellschaft für Beförderung der Geschichts-, Alterthums- und Volkskunde von Freiburg, dem Breisgau und den angrenzenden Landschaften 2 (1870-1872), S. 145-271, insb. S. 195, 257.
    Maurer, H.-M. (Hg.): Eberhard und Mechthild. Untersuchungen zu Politik und Kultur im ausgehenden Mittelalter (Lebendige Vergangenheit 17). Stuttgart 1994, insb. S. 131 u. 150.
    Pölnitz, G. v.: Jakob Fugger. Bd. 2: Quellen und Erläuterungen. Tübingen 1951, S. 249.
    Schwenk, R.: Vorarbeiten zu einer Biographie des Niklas von Wyle und zu einer kritischen Ausgabe seiner ersten Translatze (Göppinger Arbeiten zur Germanistik 227). Göppingen 1978, S. 158f.
    Wand-Wittkowski, C.: Pfalzgräfin Mechthild und ihr literarischer Zirkel. Ein Irrtum der Mediävistik. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 30,1 (2005), S. 1-27, hier 20f, insb. S. 20f.

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    Widmungsbrief zur 7. Translation. Quelle: München, BSB, 2 Inc.s.a. 1106a/1, Bl. 95b.

    Version vom 15. 06. 2012 (MRFH). Permanent Link: mrfh.de/2160.