MR Übersetzungsliteratur
im dt. Frühhumanismus

MRFHMarburger Repertorium zur
Übersetzungsliteratur im deutschen Frühhumanismus

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Lichtenthal, Zisterzienserinnenkloster

Das Zisterzienserinnenkloster Lichtenthal wurde zwischen den Jahren 1243 und 1248 gegründet. Die markgräfliche Stifterin Irmengard von Baden war die Tochter Heinrichs von Braunschweig, ihre Mutter Agnes war die Tochter Konrads, des staufischen Pfalzgrafen bei Rhein. Irmengards Mann, Markgraf Hermann V. von Baden, wurde 1248 in der Klosterkirche beigesetzt. Seit diesem Zeitpunkt an diente das Kloster bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts als Grablege der Markgrafen von Baden und war dadurch mit den vorherrschenden Machtstrukturen eng verbunden.

Sicherlich ist es im Wesentlichen der prominenten Stifterin zu verdanken, dass die Bibliothek der Lichtenthaler Zisterzienserinnen bereits in den Gründungsjahren über einen beachtlichen Grundstock an Handschriften verfügte. Dabei wurden viele Bücher dieses Bestandes eigens für die Lichtenthaler Nonnen in der Paternitätsabtei Neuburg bei Hagenau angefertigt. Bis zur Wende zum 14. Jahrhundert verfügte das Zisterzienserinnenkloster über mehr als 40 Handschriften (nebst einiger Fragmente).

Eine dermaßen herausragende Wachstumsphase des Bibliotheksbestandes ist im Laufe der Klostergeschichte nur noch während der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zu verzeichnen. Die zweite Phase ist jedoch nicht nur vor dem Hintergrund der Melker Reformbewegung zu verstehen. Zwar belegt einerseits die große Anzahl von liturgischen Handschriften aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts "das Bemühen um eine intensivere Pflege des klösterlichen Offiziums" (Heinzer/Stamm, S. 39), andererseits lagen die Gründe sicherlich auch im allgemeinen Anstieg der zeitgenössischen Buchproduktion.

Als prominente Schreiberin trat in dieser Zeit Schwester Regula hervor, die aller Wahrscheinlichkeit nach im Jahre 1459 nach Lichtenthal kam. In einem Zeitraum von 10 bis 15 Jahren schrieb bzw. überarbeitete die Zisterzienserin elf Codices. Dabei bestand die herausragende Arbeit der Schreibmeisterin in einem emanzipierten Umgang mit den lateinischen Vorlagen und ihren persönlichen Text- und Leseanweisungen. So beispielsweise folgender Hinweis auf dem Vorderspiegel der Handschrift BLB, L 70: Ist icht brestens darynne, daz sol mit gottes hilffe nach lateinischer warheit corrigieret werden. Hie sint nit kluge geczieret wort, die die oren füllent, sunder slecht und einfaltig, also sie zu luterer andacht und Innikeit des hertzen wisent.

Viele der in Lichtenthal während des 15. Jahrhunderts geschrieben Codices verfügen über Einbände, die gegebenenfalls in einer klostereigenen Werkstatt hergestellt wurden. "Dies dürfte auch für die im Zusammenhang mit Rastatt K 152 erwähnte Einbandgruppe des frühen 16. Jahrhunderts anzunehmen sein" (Heinzer/Stamm, S. 46).
Der Lichtenthaler Bestand ist aktuell sehr gut erhalten und beschrieben, er befindet sich im Wesentlichen in der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe sowie der heutigen Bibliothek des 1925 wieder dem Zisterzienserorden angegliederten Klosters Lichtenthal.

Verf.: bjk.

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Literatur:

750 Jahre Zisterzienserinnen-Abtei Lichtenthal. Faszination eines Klosters. Ausstellung des Badischen Landesmuseums, 25. Februar bis 21. Mai 1995, Karlsruhe. Hg. von H. Siebenmorgen. Sigmaringen 1995.
Breith, A.: Textaneignung: Das Frauenlegendar der Lichtenthaler Schreibmeisterin Schwester Regula (Studien und Texte zum Mittelalter und zur frühen Neuzeit 17). Münster 2010.
Heinzer, F./ Stamm, G.: Die Handschriften von Lichtenthal. Mit einem Anhang: Die heute noch in Lichtenthal aufbewahrten Handschriften des 12. bis 16. Jahrhunderts (Die Handschriften der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe 11), Wiesbaden 1987.
Version vom 15. 10. 2012 (MRFH). Permanent Link: mrfh.de/2972.