MR Übersetzungsliteratur
im dt. Frühhumanismus

MRFHMarburger Repertorium zur
Übersetzungsliteratur im deutschen Frühhumanismus

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Konrad Humery

Zeittafel

  • geb. Anfang 15. Jahrhundert in Mainz

  • 1421: Immatrikulation in Erfurt

  • 1421-1423: Studium der Artes in Köln

  • 1427-1432: Rechtstudium in Bologna, 1432 Promotion

  • seit 1435 in den Diensten der Stadt Mainz

  • 1443: Ausscheiden aus dem Rat der Stadt Mainz und Gründung der „bruderschaft von leckerechtigen und vireßigen knaben“ (Worstbrock, Sp. 302.)

  • 1444: Wortführer des Widerstandes gegen die Rechenlegung des Mainzer Finanzhaushaltes und Humery erhielt „das Amt des Kanzlers und obersten Schreibers des Neuen Rates der Zwanzig.“ (Worstbrock, Sp.302.)

  • 1449: letztes Zeugnis seiner Tätigkeit als Stadtkanzler

  • nach 1449: im Dienst des Erzbischofs Dietrich von Erbach

  • ab 1459 für Diether von Isenburg tätig

  • 1462-1463: Gefangennahme Humerys (Mainzer Bischofsstreit)

  • zwischen 1462 und 1467: Übersetzung Boethius ‚De consolatione philosophiae‘

  • gest. zwischen 1471 und 1478

Konrad Humery wurde zu Beginn des 15. Jahrhunderts als Sohn des Kaufmanns Peter Humery und Trude Humery in Mainz geboren. Zum Sommersemester 1421 immatrikulierte er sich in Erfurt, wechselte aber noch im gleichen Jahr nach Köln, wo er als „clericus Coloniensis diecesis“ (Worstbrock, Sp. 301) eingetragen ist. Er studierte dort bis November 1423 die Artes. Ob er sich danach in Basel aufhielt, bleibt ungewiss.

Im Januar 1427 begann er sein Rechtsstudium in Bologna, das er 1432 mit der Promotion abschloss. Zu seinen Lehrern in Bologna zählten Johann Andrea de Caldarini und Baptista de S. Petro, der das Werk ,De adversitatibus huius seculi‘ verfasste. Manfred Eikelmann hat darauf hingewiesen, dass das Werk der boethianischen Trostschrift sehr nahe stehe und dass dieses im Stil von Petrarcas ,Miseria vitae humanae‘ verfasst sei (Eikelmann, S. 136). Beides könnte für die Übersetzung Humerys von Bedeutung gewesen sein (ebd.).

Aus Humerys Zeit in Bologna hat sich als Autograph der Codex Palatinus latinus 672 erhalten. Wahrscheinlich handelt es sich dabei um die Abschrift eines Lehrbuchs, das er sich als Studienheft erstellte, denn auf fol. 310 vermerkt Humery: „‚script. per me Humbertum de Sarto alias de Leodica‘ (fol. 310)“ (Mommert, S. 24).

Nach seinem Studium übersiedelte Konrad Humery nach Mainz, wo er die Stadt am 7. Januar 1435 bei der sog. Pfaffenrachtung als Syndikus vertrat. Mainz strebte, auf Grund von finanziellen Schwierigkeiten, an, bestimmte Privilegien, die die Geistlichen inne hatten, zu beschränken oder aufzuheben. Zwei Jahre später, 1437, übernahm Humery die redaktionelle Umarbeit des städtischen Friedebuchs.

In dem Jahr 1443 schied Humery aus dem Rat der Stadt Mainz aus und gründete eine „bruderschaft von leckerechtigen und vireßigen knaben“ (Worstbrock, Sp. 302.), womit er „gegen das Regiment der alten Geschlechter agitierte.“ (ebd.) Die Mitglieder der Bruderschaft gehörten überwiegend den Zünften an. 1444 wurde er zum Wortführer des Widerstandes, der alte Rat wurde gestürzt und Humery erhielt „das Amt des Kanzlers und obersten Schreibers des Neuen Rates der Zwanzig.“ (Worstbrock, Sp. 302)

Das letzte Zeugnis seiner Tätigkeit als Stadtkanzler stammt aus dem Jahr 1449. Danach trat er in den Dienst des Erzbischofs Dietrich von Erbach, später in die Dienste Diethers von Isenburg, der ihm das Amt des Schultheißen der Stadt verlieh. Für das Leben Humerys war in diesem Zusammenhang insbesondere der Mainzer Bischofsstreit von Bedeutung. Dabei stand er auf der Seite Diethers, für den Konrad Humery zwei Verteidigungsreden durch den neuen Buchdruck verbreiten ließ. Humery unterhielt offenbar engere Beziehungen zu Gutenberg, aus dessen Nachlass er im Jahr 1468 Druckgeräte empfing.

Nachdem es zur Niederlage Diethers und zur Eroberung von Mainz durch die Truppen Adolfs II. von Nassau im Jahr 1462 kam, wurde Humery gefangen genommen und erst 1463 konnte Diether seine Freilassung erwirken. Zwischen 1471 und 1478 ist Humery gestorben.

Humerys Übersetzung der ‚Consolatio philosophiae‘ des Boethius dürfte im Zusammenhang mit der Gefangennahme Humerys 1462 gestanden haben. So erklärt der Übersetzer in seiner Vorrede, dass er die Trostschrift geschrieben habe: zu troste allen gefangenen vnd auch allen den, die in anderm trocke, anfechten vnd lyden das elende dieses jamertalis der werlde buwent vnd doldent. Aus dieser Absicht wird auch Humerys Übersetzungstechnik verständlich: "sein klares, leicht verständliches Deutsch, sein Verzicht auf rhetorische Elemente, das Weglassen von fremden und damit störenden Namen und Begriffen, seine als Verständnishilfen gedachten Zusätze." (Bernstein, S. 94) Zudem verzichtet er auf das Prosimetrum der Vorlage zugunsten reiner Prosa. Damit ist sein Übersetzungsstil weit von dem "Respekt vor der Autorität und Eigenart" (Worstbrock, Sp. 303) des lateinischen Textes entfernt, den zum Beispiel Niklas von Wyle in seinen Übersetzungen zum Ausdruck brachte. Ob man ihn aber gänzlich aus dem frühhumanistischen Übersetzungsspektrum ausschließen darf, wie Worstbrock (ebd.) dies noch 1983 getan hat, bedarf weiterer Untersuchungen. Humerys Übertragung der ‚Consolatio‘ ist ein im deutschen Frühhumanismus nicht seltenes Beispiel "für einen sprachlichen wie kulturellen Transfer [...], bei dem sich der Ausgangstext in einem neuen Kontext stark verändert und dessen Ergebnis die produktive Umformung der lateinischen Consolatio ist.“ (Eikelmann, S. 134)

Verf.: jes.

Literatur:

Bernstein, E.: Die Literatur des deutschen Frühhumanismus. Stuttgart 1978, S. 93-94.
EIKELMANN, M.: Boethius für Laien. Konrad Humerys deutsche Übersetzung (vor 1467) der Consolatio Philosophiae. In: Glei, R.F. u. Kaminski, N. u. Lebsanft, F. (Hgg.): Boethius Christianus? Transformationen der Consolatio Philosophiae in Mittelalter und Früher Neuzeit. Berlin/New York 2010, S. 129-156.
Herding, O.: Probleme des frühen Humanismus in Deutschland. In: Archiv für Kulturgeschichte 38 (1956), S. 344-389, Insbes. S. 374-379.
Mommert, M.: Konrad Humery und seine Übersetzung der Consolatio Philosophiae. Studien zur deutschen Boethius-Tradition am Ausgang des Mittelalters. Diss. Münster 1965, S. 20-46 u. S. 138-140.
Worstbrock, F. J.: Humery, Konrad. In: 2VL 4 (1983), Sp. 301-304.

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Mainzer Friedebuch. Quelle: Gutenberg — aventur und kunst. Vom Geheimunternehmen zur ersten Medienrevolution. Mainz 2000, S. 76, Abb. StA 61.

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Verpflichtungsbrief Humerys vom 26. Feb. 1468. Quelle: Wagner, S.: Bekannter Unbekannter — Johannes Gutenberg. In: Gutenberg — aventur und kunst. Vom Geheimunternehmen zur ersten Medienrevolution. Mainz 2000, S. 114-143, insb. S. 137, Abb. 18.

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Beginn der Boethius-Übersetzung von Konrad Humery. Quelle: Berlin, SBB, ms. theol. lat. fol. 490, Bl. 109r

Version vom 13. 03. 2012 (MRFH). Permanent Link: mrfh.de/0015.