MRFH | Marburger Repertorium zur Übersetzungsliteratur im deutschen Frühhumanismus |
Johann von Dalberg
LebenDer Sponheimer Abt Johannes Trithemius bezeichnete 1503 den Wormser Bischof Johann von Dalberg (1455-1503) als einen Mann, der „unter den Bischöfen unserer Zeit unstreitig der gebildetste“ (Walther, 2005, S.89) sei. Erstaunlicherweise begründet er dies nicht mit Johannes theologischem Wissen, wie für einen Bischof erwartet, sondern mit umfangreichen Sprachkenntnissen und einer umfassenden Bibliothek.Johann bildete während seines Studiums der Rechtswissenschaften in Erfurt, Pavia, Padua und Ingolstadt ein hohes Interesse an humanistischen Ideen heraus und entwickelte sich zu einem großen Förderer der neuen Studien im deutschen Südwesten. Zunächst als Kanzler der Heidelberger Universität (1480-1482), dann vom Kurfürsten Philipp dem Aufrichtigen (1476–1508) zum Kanzler der Pfalz ernannt, war er maßgeblich an der Entstehung eines frühhumanistischen Kreises in Heidelberg beteiligt, zu welchem u. a. Johann Gottfried, Johannes Reuchlin und Konrad Celtis zählten. 1484 konnte er Rudolf Agricola, der anläßlich Dalbergs Ernennung zum Rektor der juristischen Fakultät in Pavia die Laudatio gehalten hatte und mit dem Johann seit seiner Studienzeit eine enge Freundschaft verband, dazu bewegen, in Heidelberg ansässig zu werden. Obwohl er das kanonisch vorgeschriebene Alter noch nicht erreicht hatte, wurde Johann von Dalberg 1482 zum Bischof gewählt, was im gleichen Jahr von Papst Sixtus IV. bestätigt wurde. Als Mittelpunkt des Heidelberger Humanistenkreises förderte Johann Dalberg die 'studia humanitatis' sowohl ideell als auch finanziell. Er stand im regen Gedankenaustausch mit namhaften europäischen Humanisten und besaß eine herrvorragende Bibliothek, die er ebenfalls seinen humanistischen Freunden zu Studienzwecken zur Verfügung stellte. „Auch wenn sich das humanistische Wirken des Johannes von Dalberg nur umrißhaft abzeichnet, wird doch deutlich, daß er wesentlich zur Beheimatung des Humanismus in Deutschland beigetragen hat. Sein Hauptverdienst war es, als sachkundiger Mäzen humanistisch Interessierten Arbeits- und Begegnungsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt zu haben“ (Walter [1995], S. 151). Seine Bibliothek umfaßte auch deutschsprachige Werke. So übersetze Gottfried für ihn eine Reihe antiker Schriften, Johann Sieder widmete ihm — jeweils in deutschen Übertragungen — die 'Verae Historiae' des Lukian sowie den 'Asinus aureus' aus den 'Metamorphosen' des Apuleius. Verf.: fb / cbk. Besitzer von Handschriften: Literatur:Drücke, S.: Humanistische Laienbildung um 1500. Das Übersetzungswerk des rheinischen Humanisten Johann Gottfried (Palaestra; Bd. 312). Göttingen 2001. MERTENS, D.: Bischof Johann von Dalberg (1455-1503) und der deutsche Humanismus. In: Andermann, K. (Hg.): Ritteradel im Alten Reich. Die Kämmerer von Worms genannt von Dalberg (Arbeiten der Hessischen Historischen Kommission. Neue Folge 31). Darmstadt 2009, S. 35-50. Morneweg, K.: Johann von Dalberg, ein deutscher Humanist und Bischof (geb. 1455, Bischof von Worms 1482, † 1503). Heidelberg 1887. Sottili, A.: Die humanistische Ausbildung deutscher Studenten an den italienischen Universitäten im 15. Jahrhundert: Johannes Löffelholz und Rudolf Agricola in Padua, Pavia und Ferrara. In: Hacke, D. / Roeck, B. (Hgg.): Die Welt im Augenspiegel. Johannes Reuchlin und seine Zeit (Pforzheimer Reuchlinschriften 8). Stuttgart 2002, S. 67-132, S. 107. Terrahe, T.: Heinrich Steinhöwels 'Apollonius'. Edition und Studien (Frühe Neuzeit 179). Berlin / Boston 2013, S. 49. Walter, P.: Johannes von Dalberg und der Humanismus. In: 1495 — Kaiser, Reich, Reformen. Der Reichstag zu Worms. Ausstellung des Landeshauptarchivs Koblenz in Verbindung mit der Stadt Worms zum 500jährigen Jubiläum des Wormser Reichstags von 1495. Koblenz 1995, S. 139-171. Walter, P.: „Inter nostrae tempestatis Pontifices facile doctissimus“. Der Wormser Bischof Johann von Dalberg und der Humanismus. In: Bönnen, G. / Keilmann, B. (Hgg.): Der Wormser Bischof Johann von Dalberg (1482-1503) und seine Zeit (Quellen und Abhandlungen zur Mittelrheinischen Kirchengeschichte 117). Mainz 2005, S. 89-152. Worstbrock, F. J.: Zur Einbürgerung der Übersetzung antiker Autoren im deutschen Humanismus. In: ZfdA 99 (1970), S. 45-81. Worstbrock, F. J.: Gottfried (Godfridi, Got-, Godofridus, Gothofredus), Johannes. In: 2VL 3 (1981) Sp. 142-144. | Quelle: Hamm, J.: Johann Sieder: Ãœbersetzung der 'Metamorphosen' des Apuleius. In: Brunner, H. / Schmidt, H.-G. (Hgg.): Vom Großen Löwenhof zur Universität. Würzburg und die deutsche Literatur im Spätmittelalter. Wiesbaden 2002, S. 92f. (Nr. 37), S. 93. Stifterscheibe mit Bild Johann von Dalbergs (Mittelrhein um 1480) — Karlsruhe, Badisches Landesmuseum |