MRFH | Marburger Repertorium zur Übersetzungsliteratur im deutschen Frühhumanismus |
Regensburg, Benediktinerkloster St. Emmeran
Bereits in karolingischer Zeit war St. Emmeran so bedeutend, dass Kaiser Arnulf von Kärnten im 9. Jahrhundert das Kloster reich ausstatten und seine Pfalz in unmittelbarer Nähe des Klosters, das er als seine Begräbnisstätte vorsah, errichten ließ. Bekannt wurden dabei vor allem die Reliefs der Vorhalle, die aufgrund ihrer Größe und Darstellungsform unter zeitgenössischen Skulpturen einzigartig sind. Auch das um 1060 entstandene steinerne Astrolabium (heute im Museum der Stadt) machte St. Emmeram bekannt. Das astronomische Instrument wird mit Wilhelm von Hirsau (dem späteren Initiator der Reformbewegung) in Verbindung gebracht, der seine frühen Jahre im Regensburger Kloster verbrachte. Das Skriptorium der Abtei war das bedeutendste in Süddeutschland. St. Emmeran unterhielt eine ausgezeichnte Mal- und Schreibschule, aus der viele prominente Codices hervorgegangen sind. Der berühmte 'Codex Aureus', ein Glanzstück karolingischer Buchkunst, der unter den Klosterbeständen (heute in München, BSB, Clm 14000) aufbewahrt wurde, erreichte Regensburg allerdings nur als Geschenk Arnulfs von Kärnten. Mit dem 'Regensburger Sakramentar' für Kaiser Heinrich II. (München, BSB, Clm 4456) und dem 'Uta-Codex' (München, BSB, Clm 13601) entstanden in der St. Emmeramer Schreib- und Malschule jedoch zwei der kostbarsten Prachthandschriften der ottonischen Zeit. Auch aus dem Spätmittelalter ist mit dem 'Mensuralcodex St. Emmeram' ein bedeutendes Zeugnis (München, BSB, Clm 14274) dieses Klosters überliefert. Der Codex stellt eine einzigartige Quelle für die Überlieferung mehrstimmiger Musik des 15. Jahrhunderts dar, so dass St. Emmeran nicht nur kunst- und literaturgeschichtlich, sondern auch musikwissenschaftlich eine herausragende Rolle spielt. Der Besitz einer gedruckten Ausgabe von Boethius' lat.-dt. Ausgabe der 'De consolatione philosophiae' zeigt darüber hinaus ein allgemeines Interesse am philosophischen Diskurs. Erst mit dem Übertritt Regensburgs 1555 zur evangelisch-lutherischen Konfession verblasste allmählich die Bedeutung des Klosters. Verf.: bjk. Besitzer von Drucken:
Literatur:Bauer, H. / Bauer, A.: Klöster in Bayern. Eine Kunst- und Kulturgeschichte. München 1985, S. 220-227. Bultot, R.: Konrad von Hirsau. In: Neue Deutsche Biographie 12 (1979), S. 543. Die Bibliotheken zu St. Emmeram in Regensburg (Thurn und Taxis Studien 7). Hg. von M. Piendl . Kallmünz 1971. Hemmerle, J.: Die Benediktinerklöster in Bayern (Germania Benedictina 2). Augsburg 1970, S. 238-247. Morsbach, P.: Klöster in Bayern: : Regensburg, St. Emmeram. In: Haus der Bayerischen Geschichte Augsburg. Hg. vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft (digital). Morsbach, P.: St. Emmeram zu Regensburg (Großer Kunstführer 187). München 1993. Wright, P.: The Contribution and Identity of Scribe D of the "St Emmeram Codex". In: Frobenius, W. / Klainertz, R. (Hgg.): Musik des Mittelalters und der Renaissance. Hildesheim 2010, S. 283-316. |