MRFH | Marburger Repertorium zur Übersetzungsliteratur im deutschen Frühhumanismus |
Bosau (Zeitz), Benediktinerkloster
Im Jahre 1114 gründete Bischof Dietrich I. von Naumburg auf den Resten einer slawischen Burganlage das Benediktinerkloster Bosau in der Nähe der Stadt Zeitz. 1121 wurde die Stiftung beurkundet, bereits im Folgejahr wurde der Bau der dreischiffigen Klosterkirche fertig gestellt. Dietrich von Naumburg befürwortete die Hirsauer Reformbewegungen und ließ für sein neu gegründetes Kloster Abt und Mönche aus Hirsau kommen. Den Bosauer Mönchen war es in kurzer Zeit gelungen, ein leistungsfähiges Skriptorium aufzubauen, die Bibliothek wurde zudem durch zahlreiche Bücherschenkungen und finanzielle Zuwendungen an das Stift begünstigt. Vom Hirsauer Mutterkloster beeinflusst trat Bosau mit bedeutenden Codices, wie u.a. der Augustinus-Handschrift 'De civitate Dei', einem "Hauptwerk der thüringisch-meißnischen Malerschule“ (Schipke, S. 21), hervor. Bis ins frühe 16. Jahrhunderts sind zahlreiche Handschriften aus der Bosauer Schreibwerkstatt hervorgegangen. Dabei sind die durchwegs gehobene Ausstattung der Codices sowie die Qualität der Einbände ein besonderes Charakteristikum. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist die Merseburger Bibel in Bosau entstanden. Während der Zeit des Buchdrucks fand unter den Bosauer Schreibern Papier als Beschreibstoff zunehmend mehr Verwendung. Auch versuchte man die klösterlichen Buchbestände mit dem Kauf von Drucken zu erweitern. So soll Abt Petrus II. während seiner Amtszeit von 1485-1507 über 250 Inkunabeln für die Bibliothek erworben haben. Im 15. Jahrhundert unterhielt der wissenschaftlich und literarisch interessierte Bosauer Mönch Paul Lange Beziehungen zu Johannes Trithemius, dem berühmten Abt des Klosters Sponheim, der ihn mit der Arbeit an einer Chronik des Deutschen Reichs beauftragte. Nach Trithemius’ Tod blieb die Arbeit jedoch unvollendet. In Bosau schrieb Lange neben der Chronik des Bistums Naumburg noch zwei weitere, in lateinischer Sprache verfasste chronistische Texte. Das große historische Interesse in Bosau spiegelt sich auch im Erwerb von Steinhöwels 'Tütscher Cronica' wider, die das Kloster im Ulmer Erstdruck Johann Zainers von 1473 (MRFH 20970) erwarb. Im Zuge der Reformation blieb das Kloster zwar zunächst noch bestehen, wurde aber bereits 1551 aufgelöst, verpachtet und teils für den Bau des Zeitzer Schlosses im 17. Jahrhundert verwendet. Der Großteil der in Bosau erhalten gebliebenen Codices befindet sich heute in der Bibliothek der Landesschule von Schulpforte. Verf.: bjk. Besitzer von Drucken:
Literatur:Drößler, R.: Zeitz. Geschichte der Stadt. Im Rahmen überregionaler Ereignisse und Entwicklungen. Band 2: Die Zeit der Bischöfe. Zeitz 2009, S. 130-201. Schipke, R. (Hg.): Scriptorium und Bibliothek des Benediktinerklosters Bosau bei Zeitz. Die Bosauer Handschriften in Schulpforte. Wiesbaden 2000. |