Dedikationen
Heinrich Steinhöwel:
Büchlein der Ordnung der PestilenzLeben
Bereits 854 wird
Hulma in Urkunden als Königspfalz erwähnt. Zwar entstand im Umkreis der Pfalz schon bald ein Markt, jedoch kam es erst nach einer Zerstörung des Ortes 1134 zu einem planmäßigen Ausbau, der am Ende des 12. Jh. zur Stadtgründung führte. Im Anschluss erreichten die Ulmer Bürger eine stetige Ausweitung ihrer Autonomie und lösten sich so von der Verwaltung durch den Reichsvogt, der in der Stadt durch einen Ammann vertreten wurde. Dem Ammann zur Seite stand ein Richterkollegium, das bereits Anfang des 13. Jh. zum Rat umfunktioniert wurde. Dieser setzte sich zu dieser Zeit allein aus Vertretern der mächtigen Patriziergeschlechter zusammen, von denen für das Mittelalter ca. 130 belegt sind. Bei wichtigen Amtsgeschäften erhielt zudem die Bürgerschaft ein Mitspracherecht. Geschäftsführer des Rates war seit Mitte des 13. Jh. der Bürgermeister, der zugleich militärischer Befehlshaber war und 1345 schließlich durch den Kleinen Schwörbrief vom Ammann den Vorsitz über den Rat übernahm. Gleichzeitig wurden die Zünfte in den Rat aufgenommen. Diese waren bereits im 13. Jh. entstanden, bildeten die Grundlage für die wirtschaftliche Kraft der Stadt und fungierten als Gegengewicht zu den Patriziern.
Nachdem sich Ulm zum wirtschaftlichen Schwergewicht Schwabens (vor allem in der Tuchproduktion) entwickelt hatte, bekamen die Zünfte größere Mitspracherechte in der Stadtpolitik. Der Rat bestand nun aus 17 Zunftmeistern, 14 Patriziergeschlechtern sowie dem Bürgermeister und wurde jährlich zur Hälfte neu gewählt. Im Großen Schwörbrief von 1397, der "einen dauerhaften Ausgleich zwischen Patriziat und Zünften erstrebte" (
Geiger, S. 18), wurde die Stadtverfassung bis 1548 festgesetzt. Durch ihn verschob sich das Machtgefüge ein weiteres Mal zugunsten der Zünfte. Der bisherige Rat blieb als Kleiner Rat bestehen, konnte allerdings durch 30 zünftische Vertreter und zehn Mitglieder der Patriziergeschlechter zum Großen Rat erweitert werden. Der Rat wurde nun jährlich neu gewählt.
Die Wahl des Bürgermeisters, der zum Patriziat gehören musste, oblag ausschließlich den zünftigen Ratsherren und erfolgte für ein Amtsjahr. Anschließend war der Altbürgermeister für zwei Jahre vom Amt ausgeschlossen, um anschließend meist wiedergewählt zu werden, wodurch sich für dieses Amt eine große Kontinuität entwickelte. 1412 bildete sich ein ständiger Ratsausschuss aus zwei Patriziern und drei Zünftigen ("die fünf Geheimen"), der nunmehr an der Spitze der städtischen Verwaltung stand. Große Bedeutung erlangte die Stadt 1488, als sie ständiger Sitz des Schwäbischen Bundes wurde. Mit der Aufhebung des Großen Schwörbriefes durch Karl V. verloren die Zünfte ihre Vormachtstellung im Rat an die Patrizier, die die Rechte der Bürgerschaft deutlich einschränkten, bevor die reichsstädtische Verfassung 1802 aufgelöst wurde und Ulm zunächst an Bayern und 1810 schließlich an Württemberg fiel.
Durch die Übernahme der Lateinschule vom Kloster Reichenau im Jahr 1383 nahm der Ulmer Rat schon früh die Ausbildung der städtischen Oberschicht in eigene Hände und gewährte dem Nachwuchs der Oberschicht die Vorbildung für ein universitäres Studium. Daneben entwickelte sich Ulm in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zu einem frühen Zentrum des Buchdrucks, in dem die Werke des Frühhumanismus stark rezipiert wurden. Mit
Heinrich Steinhöwel lebte seit 1450 auch einer der bedeutendsten frühhumanistischen Übersetzer in Ulm. Im Jahr 1472 bereitete dieser sein Erstlingswerk,
'Das Büchlein der Ordnung der Pestilenz' aus dem Jahr 1446, für den am 11. Januar 1473 abgeschlossenen Erstdruck von
Johann Zainer vor und widmete die Überarbeitung
den fürſichtigen erſamen v[n-] wÿſen burgermeiſtern / rât vnd ganczer gemaind der stat Vlm für die bisher erfahrene
gutheit er gůnst vnd nucz.
Verf.: js.
Literatur:
Geiger, G.: Die Reichsstadt Ulm vor der Reformation. Städtisches und kirchliches Leben am Ausgang des Mittelalters (Forschungen zur Geschichte der Stadt Ulm 11). Ulm 1971, S. 17-46.
Huber, M. / Rieber, A.: Ulm/Donau, Stadtkreis. In: Keyser, E. (Hg.): Württembergisches Städtebuch (Deutsches Städtebuch IV,2). Stuttgart 1962, S. 260-282.
Naujoks, E.: Obrigkeitsgedanke, Zunftverfassung und Reformation. Studien zur Verfassungsgeschichte von Ulm, Eßlingen und Schwäb. Gmünd (Veröffentlichungen der Kommission für geschichtliche Landeskunde in Baden Württemberg. Reihe B: Forschungen 3). Stuttgart 1958, S. 11-17.
Nübling, E.: Die Reichsstadt Ulm am Ausgange des Mittelalters (1378-1556). Ein Beitrag zur deutschen Städte- und Wirtschaftsgeschichte. 2 Bde. Ulm 1904-1907, II, S. 184-216.