Leben
Nach dem Tod seines Bruders Kurfürst Ludwig IV. 1449 schaffte es Friedrich innerhalb weniger Jahre, die Vormundschaft für Philipp den Aufrichtigen in ein lebenslanges Herrschaftsrecht zu wandeln. Voraussetzung hierfür war die
arrogatio (Adoption nach römischem Recht) Philipps, die allerdings dem in der Goldenen Bulle gesetzten Reichsrecht widersprach. Aus diesem Grund war die Herrschaftszeit Friedrichs durch die Auseinandersetzung mit Kaiser Friedrich III. geprägt, der diesen Rechtsbruch nicht anerkennen wollte. Friedrich der Siegreiche war fortan bestrebt, seine Herrschaft militärisch und ideologisch zu legitimieren. In kriegerischen Auseinandersetzungen setzte er sich auf der Seite der von den Wittelsbachern geführten antikaiserlichen Opposition mehrfach gegen seine Kontrahenten durch (1452 gegen die Grafen von Lützelstein, 1454 gegen die Oberpfalz, 1455 gegen Ludwig I. von Pfalz-Zweibrücken, 1462 im Fürstenkrieg und der Mainzer Stiftsfehde). Seine Erfolge auf dem Schlachtfeld brachten ihm den Beinamen "der Siegreiche" und sicherten die Vormachtstellung der Kurpfalz am Rhein. Gleichzeitig wollte Friedrich seine Herrschaft ideologisch festigen und förderte den gerade im Reich aufkommenden Humanismus gezielt zur Verbreitung seines Herrscherlobs.
Die Basis für dieses Vorgehen wurde wohl in Friedrichs Jugend gelegt. Sein Vater Ludwig der Bärtige hatte den Erziehungsschwerpunkt von der körperlichen zur geistigen Ausbildung verschoben und die Bibliothek an der Heiliggeistkirche in Heidelberg gestiftet, aus der später die Bibliotheca Palatina hervorgehen sollte. Während Ludwig erst in späten Jahren Latein lernte, muss Friedrich bereits in seiner Ausbildung tiefer gehende Kenntnisse erworben haben. Schon seine ältere Schwester
Mechthild von der Pfalz zeigte früh literarische Interessen. An ihrem Hof in Rottenburg am Neckar förderte sie auch die neuere frühhumanistische Übersetzungsliteratur.
Während seiner Regentschaft berief Friedrich namhafte Humanisten an die Universität Heidelberg. 1456-1460 finanzierte Friedrich
Peter Luders Vorlesungen über die "Studia humanitatis": "Die neue Schwerpunktsetzung an der Universität erscheint als ureigenes Anliegen des Pfalzgrafen, für das er sogar in sein eigenes Säckel greift" (
Probst, S. 165). 1458 hielt Luder eine Lobrede auf Friedrich, in der er die
arrogatio entsprechend der humanistischen Leistungsethik als sittliche Handlung im Sinne der Staatsraison deutete. 1464 widmete der italienische Humanist Petrus Antonius dem Pfalzgrafen seinen Traktat 'De dignitate principum', in dem er fürstliche Legitimität allein aus der persönlichen Tüchtigkeit und nicht aus dem dynastischen Erbrecht ableitete. Aufgrund dieser Propaganda fand sich Antonius schnell im engsten Kreis um Friedrich wieder, für den er bis zu dessen Tod zahlreiche Dienste in Rom und an den europäischen Höfen übernahm. Spätestens seit 1465 beschäftigte Friedrich zudem
Matthias von Kemnat als Hofkaplan. Matthias widmete seinem Gönner Friedrich die erste
Chronik der pfälzischen Geschichte, die in 23 Handschriften überliefert ist. Auch dieses frühhumanistische Werk diente allerdings in erster Linie der Verbreitung des Herrscherlobs. Daneben entstanden am Pfälzer Hof zahlreiche panegyrische Texte, die "Friedrich den Siegreichen in Prosa und in Versen als idealen Fürsten rühmten" (
Fuchs, S. 309). Zu den Autoren dieser Werke zählten neben den genannten Autoren weitere Humanisten wie Arriginus von Busseto. Daher geht man heute davon aus, "daß Friedrichs Mäzenatentum, das sich in der Heranziehung und Förderung einer ganzen Reihe von in den Studia humanitatis gebildeten Intellektuellen verkörperte, wesentlich von einem politischen Kalkül bestimmt war" (
Probst, S. 173).
Nichtsdestoweniger wurde unter Friedrich der Frühhumanismus erstmals von fürstlicher Seite gefördert und die Heidelberger Universität seit 1452 für die "Studia humanitatis" geöffnet. Seine Privatbibliothek umfasste 118 Bücher, meist in lateinischer Sprache, die später an seinen Sohn Ludwig I. von Löwenstein fiel.
Verf.: js.
Besitzer von Handschriften:
Literatur:
Backes, M.: Das literarische Leben am kurpfälzischen Hof zu Heidelberg im 15. Jahrhundert. Ein Beitrag zur Gönnerforschung des Spätmittelalters. Tübingen 1992, S. 114-134.
Fuchs, F.: Antikaiserliche Gedichte aus dem Umkreis Kurfürst Friedrichs des Siegreichen von der Pfalz. In: Fuchs, F. / Heinig, P.-J. / Schwarz, J. (Hgg.): König, Fürsten und Reich im 15. Jahrhundert (Forschungen zur Kaiser- und Papstgeschichte des Mittelalters 29). Köln u. a. 2009, S. 307-317.
Haug, F. H.: Die Bilder des Kurfürsten Friedrich I., des Siegreiche, von der Pfalz des Ahnherrn des fürstlichen Hauses Löwenstein. In: Jahrbuch des Historischen Vereins Alt-Wertheim 1927, S. 16-21.
Holtz, E.: Friedrich I. Kurfürst von der Pfalz (1449-1476). In: Holtz, E. / Huschner, W. (Hgg.): Deutsche Fürsten des Mittelalters. Fünfundzwanzig Lebensbilder. Leipzig 1995, S. 370-382.
Kattermann, G.: Ein Büchervermächtnis des Kurfürsten Friedrich I. von der Pfalz. In: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 89 (1937), S. 44-57.
Kremer, C. J.: Geschichte des Kurfürsten Friedrichs des Ersten von der Pfalz in sechs Büchern. 2 Bde. Frankfurt am Main u. a. 1765.
Müller, J.-D.: Der siegreiche Fürst im Entwurf der Gelehrten. Zu den Anfängen eines höfischen Humanismus in Heidelberg. In: Buck, A. (Hg.): Höfischer Humanismus (Mitteilung der Kommission für Humanismusforschung 16). Weinheim 1989, S. 17-50.
Probst, V.: Machtpolitik und Mäzenatentum: Friedrich der Siegreiche von der Pfalz als Wegbereiter des deutschen Frühhumanismus. In: Mannheimer Geschichtsblätter N. F. 3 (1996), S. 153-173.
Rall, H. u. M.: Die Wittelsbacher in Lebensbildern. Graz 1986, S. 209-216.