MR Übersetzungsliteratur
im dt. Frühhumanismus

MRFHMarburger Repertorium zur
Übersetzungsliteratur im deutschen Frühhumanismus

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Kaspar Lachsenfelder

Bereits unter Herzog Sigmund von Tirol, dem der Frühhumanist Heinrich Steinhöwel mehrere seiner Übersetzungen widmet, ist Kaspar Lachsenfelder (Caspar Lachsenuelder) in verschiedenen Ämtern und Funktionen am Innsbrucker Hof nachgewiesen. 1464 ist er erstmals am Hof bezeugt (Ortwein 37), 1473 und 1477 führen ihn die Raitbücher für verschiedene Dienste auf, von 1482 bis 1490 übt Lachsenfelder schließlich das hohe Amt des Kammermeisters aus (Ortwein 84, 105, 161, 173; Mayr-Adlwang 18923; Jahrbuch II 18923). Als solcher ist er für die Ein- und Ausgaben des Hofes zuständig und führt die Raitbücher. Sein prächtiges Siegel hat sich in Urkunden von 1486 erhalten (Jahrbuch I, S. 200).

Nach Sigmunds Regierungsverzicht im Jahre 1490 tritt Lachsenfelder in den Dienst Maximilians I. Bei der Inventarisierung des Hauskämmeramtes 1490 ist er anwesend (Maleczek, S. 134f., Anm. 4). Von 1493 bis 1503 lässt er sich in elf kaiserlichen Urkunden nachweisen. Bis 1498 war er Maximilians Kammermeister, zeitweise auch Generalschatzmeister der Grafschaft Tirol. In dieser Funktion war er für die Rechnungsführung der Tiroler Kammer zuständig (Regest 2879a), daneben im Dienste des Kaisers auch in wichtigen Missionen tätig. So soll er – zusammen mit Maximilians Rat Degen Fuchs von Fuchsberg und seinem Hauptmann an der Etsch – 1493 in die vorderen Lande reisen, um den bösen pfenning von den Landständen einzutreiben (Regest 74 u. 2884a). 1494 wird er mit der Organisation von Maximilians Hochzeit mit Maria Bianca Sforza betraut (Gatt 163). Ab 1498 wird er als „Rat“ bzw. als „alter Kammermeister“ in den Urkunden geführt, hat also offenbar seit dieser Zeit das Amt des Kämmerers resigniert (Regest 6216 u. 6246). Aus einer Urkunde vom 3. Januar 1500 (Regest 9665) erfahren wir, dass er bis zu seinem Lebensende von Kaiser Maximilian das einträgliche thorwartlambt im Pfannhaus zu Hall im Innthal verliehen bekommen hat. Vor dem 18. Feb. 1493 dürfte Kaspar Lachsfelder verstorben sein (Regest 17206 u. 17806).

Kaspar Lachsenfelder war offenbar auch literarisch interessiert. Als Besitzer des Erstdrucks von Wyles ‚Translationen‘ (Esslingen, Konrad Fyner, 1478) hat er sich 1484 auf dem Vorsatzblatt des Wiener Exemplars eingetragen: Das puech ist mir Caspar Lachsenvelde[r] / durch Hansen Ysserekg geschanct An[n]o / 1484. Der großzügige Schenker, Johannes Yseregk, lässt sich ebenfalls in den Diensten Sigmunds von Tirol nachweisen.

Ob sich Wyles ‚Translationen‘ vorher im Besitz Yseregks befanden oder dieser das Buch Kaspar Lachsfelder auf Wunsch von seinen Reisen mitbrachte und ihm dann zum Geschenk machte, lässt sich nicht beantworten. In jedem Fall treffen wir unter den Erstbesitzern von Wyles ‚Translationen‘ auf zwei Persönlichkeiten aus dem engsten Umfeld Herzog Sigmunds von Tirol, der – zusammen mit seiner ersten Gemahlin, Eleonore von Schottland, – zu den bedeutendsten Adressaten und Förderern der frühhumanistischen Übersetzungsliteratur zählt.

Verf.: cbk / js.

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Literatur:

Böhmer, J. F.: Regesta Imperii XIV. Ausgewählte Regesten des Kaiserreiches unter Maximilian I. 1493-1519. Bd. 1-4, bearb. von H. Wiesflecker, Köln (u.a.) (1990-2004) (digital).
Gatt, A.: Der Innsbrucker Hof zur Zeit Kaiser Maximilians I. 1493-1519. Diss. Innsbruck 1943.
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlung des Allerhöchsten Kaiserhauses [...]. Zweiter Band. Wien 1884 (online).
Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses [...]. Erster Band. Wien 1883 (online).
Maleczek, W.: Die Sachkultur am Hofe Herzog Sigmunds von Tirol (†1496). In: Appelt, H. (Hg.): Adelige Sachkultur des Spätmittelalters (Veröffentlichungen des Instituts fü Mittelalterliche Realienkunde Österreichs 5). Wien 1982 , S. 133-167.
Mayr-Adlwang: Urkunden und Regesten aus dem k. k. Statthalterei-Archiv in Innsbruck (1364-1490). In: Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen des allerhöchsten Kaiserhauses 20 (1899), S. CXXIV-CLXXXIX u. 21 (1900), S. I-LVIV.
Ortwein, M.: Der Innsbrucker Hof zur Zeit Erzherzogs Sigmunds des Münzreichen. Ein Beitrag zur Geschichte der materiellen Kultur. Diss. Innsbruck 1936.
Schäfer, J: Der Innsbrucker Hof Sigmunds des Münzreichen. Höfische Kultur vor Maximilian I. (in Vorbereitung).

Siegel Caspar Lachsenvelders. Quelle: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen des Allerhöchsten Kaiserhauses [...]. Erster Band. Wien 1883 (online), S. 200.

Version vom 20. 05. 2012 (MRFH). Permanent Link: mrfh.de/1575.