MR Übersetzungsliteratur
im dt. Frühhumanismus

MRFHMarburger Repertorium zur
Übersetzungsliteratur im deutschen Frühhumanismus

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Indersdorf, Augustiner-Chorherrenstift

Otto V. (IV.) von Scheyern-Wittelsbach, Pfalzgraf von Bayern (gest. 1156) stiftete um 1120 das Augustiner-Chorherrenstift Indersdorf bei Dachau. An Mariä Himmelfahrt 1128 wurde die Kirche geweiht und dem Patrozinium der Apostel Petrus und Paulus unterstellt. Indersdorf war neben Scheyern und Ernsdorf eines der drei Hausklöster der Wittelsbacher. Im 13. und 14. Jahrhundert diente das Stift auch als Grablege der herzoglichen Familie.

Eng verknüpft mit der Geschichte des Stifts ist die sogenannte 'Indersdorfer Reform', die im 15. Jahrhundert durchgeführt wurde. Basierend auf den Beschlüssen des Konstanzer Konzils (1414-18) führte diese Reform zu einer umfassenden Erneuerung des Stifts, das zum Zentrum der bayerischen Reformbestrebungen wurde. Vor allem Johannes von Indersdorf (Johannes Rothuet, gest. 1470), zunächst Schulmeister, dann Propst des Augustiner-Chorherrenstifts, widmete sich intensiv dieser Reform. Seine Kontakte zum bayerischen Herzogshaus veranlaßten ihn zu einer reichen, vornehmlich der Seelsorge dienenden deutschsprachigen Literatur. So finden sich seine Traktate gelegentlich auch mit Texten der Ehelehre — so dem 'Ehebüchlein' des Albrecht von Eyb (vgl. München, BSB, Cgm 601) und Heinrich Steinhöwels 'Griseldis' (vgl. München, BSB, Cgm 403) — zusammengebunden.

Indersdorf verfügte im 15. Jahrhundert über ein leistungsfähiges Skriptorium und eine eigene Buchbinder-Werkstatt. Die umfangreiche Klosterbibliothek ging nach Aufhebung des Stifts im Jahre 1783 zunächst in den Besitz der Hof-, dann der Bayerischen Staatsbibliothek über, wo die lateinischen Handschriften heute noch geschlossen unter den Signaturen Clm 7401-7847 aufgestellt sind. Im Besitz der Stiftsbibliothek befanden sich aber auch deutschsprachige Bücher. So stammt der Augsburger Erstdruck von Heinrich Steinhöwels ,Spiegel des menschlichen Lebens’ (Ex.: ehem. Charles Fairfax Murray) nachweislich aus Indersdorf, wie folgender Besitzervermerk erhellt: M[a]g[iste]r Conradus [...] Can[oni]cus Ratispõn[ensis] me donauit Mon[asteri] Undensdorff Anno 1478.

Verf.: sl / cbk.

Besitzer von Drucken:

Literatur:

Bauer, H. / Bauer, A.: Klöster in Bayern. Eine Kunst- und Kulturgeschichte. München 1985, S. 142-146.
Dendorfer, J.: Verwandte, Freunde und Getreue — Adelige Gruppen in der klösterlichen Memoria des 12. Jahrhunderts in Bayern. In: Kruppa, N. (Hg.): Adlige — Stifter — Mönche. Zum Verhältnis zwischen Klöstern und mittelalterlichem Adel (Veröffentlichungen des Max-Planck-Instituts für Geschichte 227). Göttingen 2007, S. 63-105, insb. S. 87ff.
Haage, B.: Johannes von Indersdorf (Johannes Rothuet, fälschlich auch Brunner oder Prunner). In: NDB 10 (1974), S. 554-555 (online).
Haage, B. D.: Johannes von Indersdorf. In: 2VL 4 (1983), Sp. 647-651.
Haberkern, E: Die lateinischen Handschriften des Augustiner-Chorherrenstifts Indersdorf. Ein Gang durch eine mittelalterliche Bibliothek. In: Mittellateinisches Jahrbuch 38 (2003), S. 51-88.
Hundt, F. H. v.: Die Urkunden des Klosters Indersdorf. Hg. von dem historischen Verein von und für Oberbayern als Festgabe am Schlusse des ersten Vierteljahrhunderts seines Bestehens. Band 1. München 1863, S. III-XXVI.
Störmer, W.: Die Hausklöster der Wittelsbacher. In: Glaser, H. (Hg.): Wittelsbach und Bayern. 1.: Die Zeit der frühen Herzöge. Von Otto I. zu Ludwig dem Bayern. 1. Beiträge zur Bayerischen Geschichte und Kunst 1180 — 1350. München 1980, S. 139-150.
Störmer, W.: Die Wittelsbacher als Pfalzgrafen von Bayern. In: Grad, T. (Hg.): Die Wittelsbacher im Aichacher Land. Aichach 1980, S. 63-69, insb. S. 66f.

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Indersdorf um 1700, Kupferstich. Quelle: Michael Wening: Historico-Topographica Descriptio. München 1701.

Version vom 25. 10. 2010 (MRFH). Permanent Link: mrfh.de/1140.